Mehrsprachige GesundheitsinformationenAktuell besteht in Europa ein hoher Bedarf an mehrsprachigen Gesundheitsinformationen. Bei den nachfolgenden Portalen findet man auf die Schnelle zuverlässige Informationen, die Flüchtlingen, Ehrenamtlichen, Ärzten und vielen anderen bei der Verständigung helfen. Vieles ist auch für andere Bevölkerungsgruppen (Migranten, Austauschstudenten, Inhaber der Blue Card EU, Touristen) hilfreich.

1. Impffragen: Robert Koch Institut

Beim Robert Koch Institut (RKI) gibt es Impfempfehlungen zum Download in bis zu 16 Sprachen (Impfkalender und Informationen zu einzelnen Impfungen).

Sprachen: Deutsch; Albanisch, Arabisch, Dari, Englisch, Farsi, Französisch, Kroatisch, Kurdisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Serbisch, Spanisch, Türkisch, Urdu, Vietnamesisch.

2. Patienteninformationen:

2.1 Medical Tribune

Der Verlag Medical Tribune stellt als Service-Angebot  verständliche Patienteninformationen zu häufigen Gesundheitsproblemen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Schwindel in bis zu vier Sprachen zum Download bereit.

Sprachen: Deutsch; Arabisch, Russisch, Türkisch

2.2. Niedersächsische Datenbank mit vielen Links

Das Portal „Gesundheit für Migrantinnen und Migranten in Niedersachen“ des LVG & afs Niedersachsen e.V. bietet Gesundheitsinformationen zu Arzneimittelgebrauch, Behinderung, Verhütung, Schwangerschaft, Babyzeit und Kindergesundheit, Infektionskrankheiten, Depression, Herzerkrankungen und vielem mehr in zahlreichen Sprachen zum Download an. Die Informationen stammen beispielsweise vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und anderen offiziellen Stellen.

Sprachen: Deutsch; Arabisch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Serbisch, Serbokroatisch, Spanisch, Türkisch, Vietnamesisch (nicht alle Themen liegen in jeder genannten Sprache vor)

3. Psychische Gesundheit

Der BKK Landesverband Bayern hat einen „Wegweiser Psychotherapie“ erstellt, der für Migranten in sieben Sprachen zum Download bereitsteht. Er enthält neben grundsätzlichen Informationen auch die Anschriften verschiedener Fachverbände mit Fokus auf Bayern, aber auch bundesweit.

Sprachen: Deutsch; Arabisch, Englisch, Italienisch, Polnisch, Russisch, Serbokroatisch, Türkisch

4. Dolmetscherdienst für Notfälle (Beispiele)

4.1. Raum Hannover

Das Ethnomedizinische Zentrum e.V. (EMZ) bietet im Raum Hannover einen medizinischen Dolmetscherdienst für Beratung und Therapie für Kliniken, Beratungsstellen, Gerichte und Einrichtungen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich in über 50 Sprachen. Die Vergütung liegt deutlich unter marktüblichen Sätzen (Mindestgrundlage: JVEG), so dass dies eher als ehrenamtlicher Einsatz mit Aufwandsentschädigung einzustufen ist.

4.2 Region Berlin und Brandenburg: ref.connect

Der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. bringt in seinem Projekt ref.connect Fremdsprachenstudenten und Flüchtlinge zusammen, bietet Hilfestellung und Hintergrundwissen. Hier kann man sich einbringen, aber auch (regional) Wünsche einstellen. Nachahmenswert (und ebenfalls eine ehrenamtliche Tätigkeit).

4.3 Refugee Phrasebook

Die Initiative “Refugee phrasebook” erarbeitet aktuell ein Online-Wörterbuch mit einfachen Sätzen (allgemein, Medizin, Recht) in 28 Sprachen. Hier kann man sich im medizinischen und juristischen Bereich derzeit noch einbringen. Printversionen sind in Form von wikibooks geplant.

4.4 tip doc

Der Setzer Verlag bietet mit dem Material tip doc Bildwörterbücher mit Anamnesebögen und einfachen Anweisungen zur Verständigung im medizinischen Umfeld. Schwerpunkte sind Patientenversorgung und Elterngespräche.

Sprachen: Deutsch; Arabisch, Englisch, Farsi (Persisch), Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Türkisch

5. Professionelle Dolmetscher und Übersetzer finden

In den Fachlisten des BDÜ für Medizin, Pharmazie und Medizintechnik, dem Verzeichnis für seltene Sprachen („Exotenliste“) und dem Verzeichnis für Dolmetscher im sozialen, medizinischen und kommunalen Bereich (Community Interpreting) sind qualifizierte Übersetzer und Dolmetscher für diverse Sprachen und Fachgebiete zu finden. Die Listen können auf der BDÜ-Seite heruntergeladen werden.

Die Initiative für Sprachmittlung im Gesundheitswesen arbeitet eng mit deutschen und internationalen Institutionen im Gesundheitswesen zusammen und setzt dort an, wo das Ehrenamt seine Grenzen erreicht.

Die Dolmetscher und Übersetzer der deutschen Berufsverbände wie ADÜ Nord, ATICOM, BDÜ, DVÜD und andere engagieren sich auf zahlreichen Ebenen für zuverlässige Kommunikation und sind ideale Ansprechpartner für professionelle Übersetzungen, Fortbildungen, Supervision ehrenamtlicher Dolmetscher- und Helferpools oder zur Überwindung interkultureller Hürden.

6. Keine Scheu vor Wikipedia

Wikipedia gilt nicht immer als zuverlässige Quelle, bietet aber den Riesenvorteil, dass verständliche Informationen in zahlreichen Sprachen vorhanden sind. Das WikiProject Medicine unterliegt klaren Qualitätsvorgaben und ist peer-reviewed. Mehr zu den Hintergründen in meinem Blogbeitrag zur Freiburger Konferenz MedTranslate im Oktober 2014.

Diese  Liste ist sicher nicht vollständig und enthält keine Bewertung der Zuverlässigkeit der vorhandenen Übersetzungen. Insbesondere ehrenamtliche  Dolmetscher im medizinischen Bereich können derartige Angebote nutzen, um die eigenen Sprachkenntnisse auszubauen oder schnell Zugang zu einem neuen Thema zu bekommen. Weitere Hinweise auf zuverlässige Initiativen sind willkommen – hinterlassen Sie einen Kommentar, der anderen weiterhelfen kann!

Glossar:

 

Arbeiterwohlfahrt (AWO): Die AWO ist einer der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland mit zahlreichen Beratungs- und Hilfsangeboten für verschiedene Bevölkerungsgruppen.

Betriebskrankenkassen (BKK): Die betrieblichen Krankenversicherungen gehören zu den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in Deutschland.

Justizvollzugsentschädigungsgesetz (JVEG): Dieses Gesetz regelt in den Paragraphen 9 und 11  das angemessene Honorar von Dolmetschern (§ 9, Absatz 3) und Übersetzern (§ 11) für Leistungen, die von Behörden oder Gerichten beauftragt und bezahlt werden.

Robert Koch Institut (RKI): Das RKI in Berlin beschäftigt sich im Auftrag der Bundesregierung vornehmlich mit Infektionsschutz (einschließlich Impfempfehlungen) und Gesundheitsmonitoring (Gesundheitsstudien, Krebsregisterdaten).

 

Von Imke Brodersen, Übersetzerin (English und Spanisch nach Deutsch) in den Bereichen Medizin, Urkunden und Literatur. Mich interessiert, was Sie über diesen Artikel denken. Hinterlassen Sie einen Kommentar oder lassen Sie uns auf Twitter diskutieren.